30 Sep 5 Tipps, wie du Prokrastination im Fernstudium stoppen kannst
Prokrastination in einem allgemeineren Sinne kennen sehr viele Menschen. Vielleicht sogar die meisten. Es bedeutet, dass du etwas vor dir herschiebst, das erledigt werden sollte. Und dass du stattdessen etwas tust, das tatsächlich weniger wichtig ist oder sogar unwichtig. Im Zusammenhang mit Lernphasen ist das Aufschieben besonders verbreitet. Es gibt für Prokrastination sogar den Begriff „Studentensyndrom“. Aber wie lässt sich das Phänomen erklären, wenn es doch am Ende immer wieder dazu führt, dass Stress, Verspannung, Selbstvorwürfe und Ängste wachsen und auch die Leistung in der Regel darunter leidet? In unserem Beitrag findest du 5 Expertentipps für den Umgang mit Prokrastination im Fernstudium von Lisa Kapteina-Bock.
Was hinter der Prokrastination steckt
Lernstoff, Prüfungen und Abgaben sind oft verbandelt mit:
- Unsicherheiten („Was wird wohl alles dran kommen?“, „Was von dem Stoff ist wichtig?“),
- Abhängigkeit („Wie werden die Dozent*innen auf meine Präsentation reagieren?“, „Was wollen die wohl hören?“),
- Sorgen („Was, wenn ich das Falsche lerne?“, „Was, wenn ich durchfalle?“, „Was wenn ich einen Blackout habe?“),
- Anstrengung und Verzicht.
Das klingt alles unangenehm. Es löst die Ausschüttung von Stresshormonen aus und kann zu Unruhe, körperlicher Anspannung, Schlafschwierigkeiten, mehr Gedankenkreisen und so weiter führen. Ist es da verwunderlich, dass der Impuls stark ist, das Lernen aufzuschieben und stattdessen etwas anderes zu machen?
Warum wir Arbeit und Lernen aufschieben
Leider kann Vermeidung einen regelrechten Sog entwickeln: Der Gedanke an den Lernberg ist unangenehm. Statt dich an den Schreibtisch zu setzen, schiebst du das Lernen auf. Du lenkst dich ab. Das wirkt kurzfristig wie eine Belohnung. Denn meistens stellt sich durch die Ablenkung ganz akut Erleichterung ein oder du hast Spaß oder erlebst Erfolge. Danach stellt sich meist jedoch ein schlechtes Gewissen ein. Und Gedanken wie:
- „Wieder einen Tag nicht gelernt“,
- „Jetzt ist es noch kürzer bis zur Prüfung“,
- „Kann ich das noch schaffen?“.
Das befeuert den Stress, die Anspannung, die Unruhe. Ein bisschen gehört Stress zwar zu Prüfungen dazu und macht sogar leistungsfähiger. Doch wenn du auf diese Stressreaktion wieder automatisch mit Vermeidung reagierst, statt in Aktion zu kommen, löst jeder neue Blick auf den Kalender vermutlich etwas wie Angst, Kontrolllosigkeit oder Selbstabwertung aus.
Der Stress schaukelt sich auf, wird ungünstig stark, die Vermeidung immer attraktiver, das Lernen immer schwerer.
Diesen Strudel verstanden zu haben, ist ein wichtiger Grundstein, um an deiner Prokrastination zu arbeiten. Was kannst du tun? Was könnte helfen, um ein allgemeines Ausmaß an Prokrastination zu stoppen?
Statt dich an den Schreibtisch zu setzen, schiebst du das Lernen auf, lenkst dich ab. Das wirkt kurzfristig wie eine Belohnung.
Dieser Beitrag hat 5 Tipps für dich. Die Tipps sind Angebote, wie es dir gelingen kann, der Vermeidung ein Schnippchen zu schlagen und stattdessen das Lernen so gut wie möglich zu gestalten. Vielleicht ist eine Anregung dabei, die du ausprobieren wirst.
Tipp 1 – Gestalte die Voraussetzungen so gut wie möglich
Plane auch, wie lange du lernen wirst. Vielleicht dann und wann wirklich nur eine dreiviertel Stunde und dafür frühzeitig beginnen? Am Morgen? Am Abend? Wann brauchst du Pausen, um dich noch konzentrieren zu können? Wie willst du heute mit Störungen umgehen: Wenn das Telefon klingelt, zum Beispiel? Möchtest du eventuell in einer Bibliothek lernen, um nicht so abgelenkt zu sein? Oder, um nicht so allein zu sein? Welches Thema willst du heute am liebsten angehen? Wie gehst du mit Fragen um, die dir kommen – bei wem holst du dir Hilfe?
Bereite also dein Lernen etwas vor. Nur nicht so ausgiebig, dass keine Zeit mehr am Schreibtisch bleibt. 😉
Tipp 2 – Mach dir deine Motivation bewusst
Ein Faktor, der Prokrastination fördert, ist eine ungünstige oder mangelnde Motivation. Motivation ist ein wichtiger Motor, um am Ball zu bleiben, wenn es trocken, dröge, unverständlich oder schwierig wird. Leider greifen wenige darauf zurück, sich immer wieder daran zu erinnern, weshalb sie nun für diese Klausur lernen. Oder diese Ausarbeitung oder Präsentation machen. Und was ihnen das in ihrem Leben für langfristigere Meilensteine bringt. Stattdessen legt das Gehirn den Fokus immer wieder auf das, was einem Bauchschmerzen macht, was man gerade nicht mag. Eine richtige Lernbremse.
Das kannst du aber selbst mit beeinflussen, indem du dir immer wieder bewusst machst, warum du lernst. Achtung – Gründe wie „weil ich halt die Klausur bestehen muss“ oder „um weiterzukommen“ , sind dabei nicht so günstig. Etwas wie „Weil ich als Coach mit Berufseinsteigern arbeiten will“ oder „Ich werde mich mit meinem Abschluss im Gesundheitsmanagement verwirklichen“, kommt dem Motivieren schon näher. Der entscheidende Faktor hier ist: die Aufgabe sollte für dich persönlich wichtig werden. Wenn der Lernstoff dir zu Anfang gleichgültig ist oder dich abschreckt, versuche ein Argument zu finden, das die Prüfung und das Lernen für dich sinnvoll werden lässt. Klingt vielleicht im ersten Moment wie „Erzähl dir selbst was Schönes, egal, ob es stimmt oder nicht.“ – aber wer entscheidet über die eigene Sicht auf die Welt? Du.
Gestalte die Voraussetzungen so gut wie möglich. Plane auch, wie lange du lernen wirst.
Tipp 3 – Setze dir erreichbare Ziele
Tipp 4 – Belohne dich regelmäßig
- „Wenn ich mein Lernziel heute erreicht habe, gehe ich danach mit xy essen.“
- „Wenn ich mein Lernziel für den Vormittag erreicht habe, trinke ich einen Kaffee/Tee und lege die Beine hoch.“
- „Wenn ich mein Lernziel morgen erreicht habe, sehe ich zwei Folgen meiner Lieblingsserie“
- „Wenn ich mein Lernziel morgen erreicht habe, nehme ich ein Bad/mache ich einen Spaziergang“ und so weiter und so fort.
Sorge gezielt für Erholungsphasen und Aktivitäten, die dir Selbstsicherheit vermitteln.
Tipp 5 – Sei dein eigener Wegweiser
Auf dem Weg zu einer Prüfung können sich allerhand störende Gedanken einschleichen.
- „Ich schaffe das niemals“,
- „Ich bin zu blöd, das zu begreifen.“,
- „Was soll das alles bringen?“,
- „Ich werde schlechter abschneiden, als….“.
Die meisten solcher Gedanken sind etwas schwarz-weiß oder nicht ganz wahr und sorgen dafür, dass das Lernen unangenehm bleibt.
Dass die Gedanken kommen, lässt sich eher nicht abstellen. Aber du kannst Gedanken ergänzen, die dir mehr Ruhe und vielleicht sogar Lust am Lernen bringen.
Vielleicht kannst du dir etwas sagen wie:
„Ich arbeite mich Stück für Stück vor, jeden Tag ein bisschen“,
„Ich versuche neugierig zu bleiben, was das nächste Thema bringt“ oder vielleicht sogar „Ich BIN neugierig, was
das neue Thema mir noch bringt.“.
„Ich freue mich darauf, nach der Prüfung/Präsentation/Ausarbeitung wieder ein gutes Stück geschafft zu haben.“.
Extra-Tipp
Vielleicht kannst du solche unterstützenden Sätze, deine Motivation oder deine Tagesziele sogar auf Post-ist schreiben und an deinen Schreibtisch oder deinen Spiegel hängen. Oder du kannst dir das von deinem Handy als Erinnerungen schicken lassen.
Warum? Das Prokrastinieren ist eher ein recht starkes Muster. Es kann immer wieder anspringen. Wirklich aus diesem Strudel auszusteigen kann also bedeuten, dass du immer wieder aufs Neue mit den 5 Tipps gegenarbeitest. Da kann eine kleine Erinnerung wirklich hilfreich sein!
Prokrastination hängt eng zusammen mit Automatismen und damit, den Lernprozess nicht aktiv selbst zu regulieren. Wenn du dir mit Hilfe der Tipps bewusst machst, an welchen Stellen du konkret Einfluss nehmen kannst, was du machen kannst, um die Lernphase interessanter, relevanter und selbstbestimmter zu gestalten, hast du immer wieder die Chance, den Lernstoff mit ausreichend Vorlauf anzugehen, Stress und unangenehme Gefühle zu reduzieren, Pausen zu machen. So kannst du mit einem kühleren Kopf und mehr Selbstsicherheit an die Aufgaben gehen, statt sie zu vermeiden.
Gastautorin
LISA KAPTEINA-BOCK
Lisa Kapteina-Bock ist Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie), Mediatorin BM®, Coach, Trainerin, Dozentin und Content Creator. Für das Institut für Mediative Kommunikation und Diversity-Kompetenz ist sie im Zertifikatsstudienprogramm „Konfliktmanagement/Mediation –Coaching – Training“ als freie Dozentin tätig.
Dieser Artikel ist ein redaktioneller Gastbeitrag, der in Kooperation mit dem Institut für Mediative Kommunikation und Diversity-Kompetenz entstanden ist.